Eine Kulturreise der speziellen Art erlebten die Schüler und Schülerinnen der 3. Handelsschulklasse mir ihrem Klassenvorstand Hermann Wagner vom 11. bis 15. Oktober in Sarajevo. Die Heimatregion der Eltern einer bosnischen Mitschülerin erreichte man nach einer nächtlichen Busfahrt auf der Direktverbindung Wien – Sarajevo. Gleich am ersten Tag führte Alma ihre österreichischen Schulkollegen zur Bascarsija, dem einzigartigen Markt in der im Osten gelegenen Altstadt. Eine unüberschaubare Zahl an kleinen und kleinsten Geschäften, Handwerksläden und Restaurants entrücken die Besucher hier in die Welt des Orients. Andersartige Gerüche, Kleidung, Musik, die Muße der Geschäftsleute und der allgegenwärtige Duft des starken bosnischen Kaffees lassen hier keinen Zweifel daran, an einer Kulturschnittstelle angekommen zu sein. Tags darauf öffnete Stadtführer Milan mit großer Lebendigkeit den Blick auf die historische Entwicklung der Stadt. Gazi Husrev-beg, osmanischer Statthalter in den Jahren 1521 bis 1541, setzte mit dem Bau der nach ihm benannten Gazi Husrev-beg-Moschee, der dazugehörigen Schule, einem Gästehaus mit Restaurant und der Markthalle entscheidende Schritte für die Stadtentwicklung, die bis heute große Bedeutung haben. Am Westende des osmanisch geprägten Viertels tritt man mit einem Schritt in den von den Habsburgern während ihrer Herrschaft in Sarajevo von 1878 bis 1918 geprägten Stadtteil, wo auch die Katholische Kathedrale Herz Jesu liegt. Mit großer Nachdenklichkeit standen die Schüler nahe der Lateinerbrücke genau an der Stelle, von der der Attentäter Gavrilo Princip am 28. Juni 1914 die tödlichen Schüsse auf Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gattin Sophia von Hohenberg abgegeben hatte. Richtung Westen, wo die Schülergruppe Quartier bezogen hatte, sah man in Form der typischen kommunistischen Plattenbauten noch die baulichen Erinnerungen an die jugoslawische Zeit unter Tito.
Man musste genau hinschauen, um in der heute wieder pulsierenden Stadt Sarajevo die Spuren des jüngsten Krieges zu entdecken. Kaum noch Kriegsruinen in der Stadt, aber viele Einschüsse in den Fassaden sowie die großangelegten Kriegsfriedhöfe auf den Fußballplätzen nahe des Olympiastadions Kosevo geben Zeugnis von der opferreichen dreijährigen Belagerung in den Jahren 1992 bis 1995. Natürlich sprach man vor der Schale des olympischen Feuers von der Bronzemedaille in der alpinen Abfahrt, die der Waidhofner Jimmy Steiner 1984 hier gewonnen hat. Einen halben Tag spazierten die HASCH-Schüler durch den Naturpark Vrelo Bosne ganz im Westen der Stadt, wo der Fluss Bosna aus insgesamt 27 Quellen spektakulär entspringt. Auf der Aussichtsplattform des Avaz-Towers - mit seinen 172 Metern Höhe höchstes Gebäude des Landes - beschlossen die Waidhofner mit einem fantastischen abendlichen Rundblick auf das Lichtermeer der 300 000-Einwohnerstadt ihre Kulturbegegnung. Dovidenja Sarajevo! – Auf Wiedersehen.
Alma Hodzic meinte auf der Heimfahrt: „ Am wichtigsten war es mir, meinen Klassenkollegen einen Einblick in meine bosnische Kultur zu gewähren und das ist, glaube ich, gut gelungen.“ Anabella Führer und Hannah Ortner, die zusammen mit Alma Hodzic diese Reise als Abschlussprojekt organisiert hatten, äußerten sich rückblickend: „ Es hat sich trotz aller Anstrengungen gelohnt hierher zu kommen. Uns ist klar geworden, wie unterschiedlich Kulturen sein können und wie viel angesichts der bettelnden Kinder noch in soziale Entwicklungen investiert werden muss.“ Klassenvorstand Hermann Wagner resümierte: „Wir haben die bosnische Herkunftskultur von Alma mit allen Sinnen kennengelernt. Das empfinde ich als einen wichtigen Baustein eines besseren Miteinanders von Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen.“ (H.W.)